Er hat die Siegerehrung sichtlich genossen. Begreifen, was er geleistet hat, konnte er kaum. Boris Becker hat gerade eben erst Geschichte geschrieben, schon wartet der erste Journalist auf sein Interview. Als Boris den Centre Court verlässt, trägt er nur „seinen“ Pokal, Schläger und Tasche werden vom Zeremonienmeister getragen. Curren schultert seine Sachen selber. Das Los des Verlierers.

An der Tür, wo beide Finalisten knapp 4 Stunden vorher den heiligen Rasen betreten haben, steht nun Bud Collins vom Fernsehsender NBC, der Becker mit einem sehr amerikanischen „Boris über alles“ auf Deutsch in Empfang nimmt. Ihm steht Boris Becker auf Englisch zu seinem ersten Interview als frischgebackener Wimbledonsieger Rede und Antwort.

Bud Collins: Glückwunsch Champion! Wie fühlst Du Dich jetzt in diesem Moment?
Boris: Ich kann es gar nicht beschreiben. Es ist wie im Traum. Ich bin einfach nur glücklich.

Bud Collins: Warum denkst Du, hast Du gewonnen?
Boris: Ich denke, ich wollte mehr gewinnen als Kevin. Ich bin gehechtet, ich habe gefightet und habe alles getan um ihn zu schlagen. Vielleicht hatte ich auch etwas mehr Glück, aber letztlich habe ich ihn geschlagen.

Bud Collins: Gab es einen Punkt, an dem Du wusstest, dass Du gewinnst, oder bist du schon mit dem Gefühl „des gewinnen könnens“ ins Finale gegangen?
Boris: Kevin war am Anfang etwas nervös und ich habe ihm gleich im zweiten Spiel des ersten Satzes den Aufschlag abgenommen. Dann hatten wir einen sehr engen zweiten Satz, den ich ebenso hätte gewinnen können. Und als er mir im dritten Satz den Aufschlag abgenommen hat, dachte ich mir: Auf jetzt. Ich hab dann einige gute Passierschläge gehabt und ihn dann geschlagen.

Bud Collins: Kannst Du dir vorstellen was es für Dich als 17-jährigen bedeutet? Es hat noch keiner vor Dir geschafft. Was erwartest Du jetzt?
Boris: Ich glaub, ich habe jetzt jede Menge Verantwortung für das Spiel. Mit 17 Wimbledon zu gewinnen ist ja schon etwas Besonderes. Der Druck wird jetzt bestimmt größer, aber ich hoffe, dass ich mein Bestes geben kann.

Als Bud Collins Boris am TV nochmal die Reaktion seiner Eltern nach dem verwandelten Matchball zeigt, muss er lachen. Vater Karl-Heinz zeigte die gleiche Jubelpose wie er selbst. Mit einem „Danke“ verabschiedet Collins dann den Jüngling in sein „neues“ Leben als Erwachsener, was zweifellos einige Minuten zuvor auf dem ramponierten Rasenplatz von Wimbledon begonnen hat.

Die Washington Post schrieb in den nächsten Tagen dazu: „Vielleicht war er zu jung, um zu wissen, dass er zu jung war, Wimbledon zu gewinnen.“

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