Deutsche Standvolleyballer erneut Weltcup-Sieger. Die Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten um Bundestrainer Athanasios Papageorgiou hat sich erneut die Goldmedaille beim Weltcup geholt. Das Finale gegen die Slowakei gewannen die Deutschen mit 3:0 (25:19; 27:25; 25:15).

Kurz vor Weihnachten: Während Deutschland in Eis und Schnee versinkt, kämpfen die deutschen Standvolleyballer in Kambodscha um Gold. Und das ist keine einfache Aufgabe, sind die Bedingungen doch alles andere als leicht. Die behinderten Volleyballer müssen Hitze bis zu 34 Grad bei 90 % Luftfeuchtigkeit, ungewohntes Essen und ein „kerniges“ Turnier verkraften.

Auf der anderen Seite stehen ein tolles Event mit mehreren Tausend frenetischen Zuschauern pro Spiel, ein großes kambodschanisches Interesse am Weltcup seitens der Medien, der Politikprominenz und der Bevölkerung sowie eine Hallenatmosphäre, die ihresgleichen sucht. Zum Schluss hieß es dann wieder: „And the winner is: Germany!“ Die Deutschen sind damit zum dritten Mal in Folge das beste Team der Welt.

Finale

Mit einem beeindruckenden Sieg im Finale gegen die Slowakei krönte die deutsche Nationalmannschaft ihre herausragende Leistung beim diesjährigen Weltcup in Phnom Penh, Kambodscha. Vor einer Kulisse von 4000 Zuschauern starteten die Deutschen im ersten Satz aggressiv und hellwach in allen Spielelementen. Sie hielten von Beginn an das Tempo hoch und setzten die taktischen Vorgaben von Trainerfuchs Papageorgiou um.

Die gewohnt starken slowakischen Angreifer Joseph Mihalco und Jan Kaczmarik hatten Mühe, sich durchzusetzen. Den deutschen Zuspielern Oliver Gutfleisch und Torben Schiewe gelang es dagegen immer wieder, über ein variables Spiel die Angreifer vor lösbare Blocksituationen zu stellen. Diese Punktchancen wurden konsequent genutzt, sodass der erste Satz mit 25:19 an die deutsche Nationalmannschaft ging.

Trotz des deutlichen Satzverlustes war klar, dass sich die zähen Slowaken noch nicht geschlagen geben würden. Der zweite Satz gestaltete sich zunächst offen, bis die Slowaken im weiteren Verlauf sechs Punkte in Folge herausarbeiteten. Doch dann gaben die deutschen Standvolleyballer wieder Gas und besannen sich auf die eigene Stärke. Torben Schiewe und Olaf Hänsel erkämpften sich nun zahlreiche Bälle in der Feldabwehr, die Oliver Gutfleisch direkt in die Hände der Außenangreifer Robert Kampczyk und Martin Vogel spielte. Diese hämmerten die Bälle den Slowaken um die Ohren, und Satz 2 ging abermals an die Deutschen (27:25).

Der dritte Satz brachte selbst Trainer-Urgestein Papageorgiou ins Schwärmen: „Meiner Mannschaft ist heute das perfekte Volleyballspiel gelungen.“ Fünf starke Aktionen von Olaf Hänsel und Martin Vogel im Block bzw. Angriff direkt zu Beginn sorgten für die schnelle Führung und machten klar, dass die deutsche Mannschaft den Finalsieg nicht mehr aus der Hand geben wollte. Das deutsche Team agierte die gesamte Zeit auf höchstem Niveau druckvoll und nahezu fehlerlos und fand auf alle Aktionen der Slowaken stets die passende Antwort. Mit dem deutlichen Satzergebnis von 25:15 beendeten die deutschen Standvolleyballer vor einem begeisterten Publikum den dritten Satz und damit das Turnier.

Die Goldmedaillen wurden von dem kambodschanischen Minister für Soziales und Rehabilitation, Ith Sam Heng, überreicht. In dem zum Schluss gekürten „Dreamteam“ ehrte er darüber hinaus den deutschen Mannschaftskapitän Elmar Sommer als besten Annahmespieler des Turniers und Martin Vogel als besten Blockspieler.

Weitere Informationen zur Deutschen Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten und zum Welt-Cup finden Sie unter www.dbs-volleyball.de sowie unter www.standupcambodia.net.

Endergebnis des Weltcups 2009 Standing Volleyball
1. Deutschland
2. Slowakei
3. Polen
4. Kambodscha
5. Indien
6. Malaysia

So lief das Turnier bis zum Finale – Standvolleyballer ziehen ungeschlagen ins Weltcup-Finale

Die Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten hat beim Weltcup in Kambodscha einen großen Schritt Richtung Goldmedaille getan. Sie bezwang in der Vorrunde jeden Gegner und konnte auch im Halbfinale gegen Polen mit 3:2 einen weiteren Sieg verbuchen.

Vorrunde, Tag 1–3
Ein erstes Ausrufezeichen bei diesem Vorhaben wurde mit dem deutlichen 3:1-Erfolg gegen Dauerrivale Slowakei gesetzt. Das Team war von Beginn an konzentriert und aufmerksam. Die neue Aufstellung mit den beiden Zuspielern Torben Schiewe und Oliver Gutfleisch, der nach drei Jahren in den Nationalkader zurückgekehrt ist, sorgte für einen sicheren Spielaufbau. Diese Aufstellung ermöglichte es, das beruflich bedingte Fehlen von Timo Hager zu kompensieren. Schiewe und Gutfleisch setzten ihre Angreifer immer wieder gekonnt in Szene, sodass diese druckvoll und konsequent ihre Punktchancen nutzten. Lediglich im dritten Satz verlor das deutsche Team seine Linie. Folglich wurde dieser mit 21:25 abgegeben. Im vierten Satz sorgte verbessertes Aufschlagverhalten, insbesondere von Robert Kampczyk, schnell wieder für klare Verhältnisse in der Olympiahalle von Phnom Penh, und der erfolgreiche Start in das Turnier war geglückt (25:19; 25:21; 21:25; 25:19).

Am zweiten Turniertag wartete mit Turnierneuling Malaysia ein einfacherer Gegner auf die deutschen Standvolleyballer. Trotzdem wurde das Match nicht auf die leichte Schulter genommen und zur Automatisierung der Abläufe im neuen Spielsystem genutzt. Bundestrainer Athanasios Papageorgiou probierte Verschiedenes aus, sodass auch Heinrich Treubert und Jens Altmann zu ihren Spielanteilen kamen. Die beiden B- bzw. C-Spieler dankten es Papageorgiou mit einer soliden Leistung. Das Match wurde deutlich mit 3:0 (25:7; 25:4; 25:5) gewonnen – der Bundestrainer war mit dem Können des gesamten Teams dementsprechend zufrieden.

Am dritten Tag kam es zur heißesten Zeit des Tages (34 °Celcius, über 90 % Luftfeuchtigkeit) zu einer Begegnung mit einem altbekannten Gegner – Polen. Das gerade automatisierte Spielsystem musste durch den krankheitsbedingten Ausfall von Torben Schiewe umgestellt werden. Durch den auf die Diagonalposition rückenden Jens Altmann lief das deutsche Team mit zwei C-Spielern auf. Trotz der veränderungsbedingten Abstimmungsfehler konnte die deutsche Mannschaft den ersten Satz durch druckvolle Angriffe vom Olaf Hänsel über die Position 2 für sich entscheiden. Eine weiterhin eher durchwachsene Leistung reichte am Ende zum nie wirklich gefährdeten 3:0-Erfolg (25:13; 25:16; 25:14).

Vorzeitig für das Halbfinale qualifiziert
Mit diesen drei Siegen hatten die Deutschen vorzeitig das Halbfinale erreicht. In der laufenden Vorrunde warteten allerdings noch Gastgeber Kambodscha sowie Indien auf sie. Elmar Sommer, der Mannschaftskapitän, sprach allen aus der Seele: „Wir wollten uns für das Halbfinale eine möglichst gute Ausgangsposition sichern und Gruppenerster werden. Mit diesem Platz hätten wir dann nämlich den vermeintlich leichtesten Gegner im Halbfinale, also den Viertplatzierten des Turniers.“

Vorrunde, Tag 4
Mit zwei Siegen am folgenden Doppelspieltag erreichte die deutsche Nationalmannschaft ihr Zwischenziel – den ersten Platz der Vorrunde. Der Tag begann mit dem ersten Spiel um 10 Uhr gegen Indien. Trotz der ungewohnt frühen Uhrzeit und dem Ausfall von Robert Kampczyk wurde die Partie souverän 3:0 (25:11; 25:13; 25:14) gewonnen. Dabei avancierte Jens Altmann als Ersatz für Robert Kampczyk zum fleißigsten Punktesammler.

Das Augenmerk des Spieltages lag selbstverständlich im abendlichen Kräftemessen gegen die bis dato ebenfalls ungeschlagenen Kambodschaner. Das deutsche Team erwartete dabei ein Hexenkessel mit über 5000 Zuschauern, die ihre Mannschaft frenetisch anfeuerten. Beide Teams begegneten sich auf Augenhöhe, sodass sich bis zum Stand von 11:11 im ersten Satz niemand absetzen konnte. Dann aber verschafften sich die deutschen Standvolleyballer über gute Aufschläge und gelungene Angriffe aus der Feldabwehr einen kleinen Vorsprung, den sie bis zum Satzende halten konnten. Den beeindruckten Kambodschanern unterliefen im zweiten Satz aufgrund des konstanten Drucks von deutscher Seite viele Eigenfehler, und so wurde dieser letztlich deutlich gewonnen.

Im dritten Satz verlor das deutsche Team jedoch gegen kämpferisch aufspielende Kambodschaner seine Linie, und viele unnötigen Fehler brachten die Gastgeber zurück ins Spiel. Getragen vom extrem lauten und begeisterten Publikum erkämpfte sich die kambodschanische Mannschaft in der Satzmitte einen Punktevorsprung, den sie bis zum Ende nicht mehr abgaben. Der vierte Satz war hart umkämpft und gestaltete sich bis zur Satzmitte erneut sehr ausgeglichen. Durch einige gute Aktionen in der Feldabwehr, insbesondere durch Torben Schiewe, und druckvolle Angriffe gelang es den Deutschen, sich mit fünf Punkten abzusetzen. Obwohl sich die Kambodschaner zum Ende nochmals wehrten, verwandelten die Deutschen gleich den ersten Matchball zum Spielgewinn (3:1 mit 25:21; 25:13; 19:25; 25:22).

Halbfinale, Tag 5
In einem hochklassigen engen Spiel qualifizierte sich das deutsche Team für das Finale (3:2 mit 23:25; 25:19; 27:25; 22:25; 15:7). Der vermeintlich leichtere Gegner im Halbfinale, Polen, erwies sich allerdings als sehr kampfstark. Im Gegensatz zum Vorrundenspiel waren der polnische Block und die Feldabwehr wesentlich effektiver. Die Deutschen agierten sehr nervös und verloren den ersten Satz. Im zweiten Satz verschlief die Mannschaft den Start und lag mit 6:10 hinten. Nach einer Aufholjagd wurde der Satz dennoch mit einem komfortablen Vorsprung gewonnen. Satz 3 war hart umkämpft und mit dem besseren Ende für Deutschland. Der vierte Satz ging dagegen wieder knapp an Polen. Nun musste also der fünfte Satz entscheiden, ob man am folgenden Tag um Gold oder Bronze spielte. Jetzt war das Team von Papageorgiou hellwach. Durch sehr gute Aufschläge von Olaf Hänsel konnten sich die deutschen Standvolleyballer einen 6-Punkte-Vorsprung erarbeiten, den sie zum 15:7-Satzende sogar noch ausbauten. Der Sieg war sicher und Deutschland im Finale.

Zur Info: Behindertenvolleyball und Kambodscha

Mit der Organisation dieses Wettbewerbs hat der Organisator Chris Minko vom kambodschanischen Behinderten-Volleyball-Verband neue Maßstäbe gesetzt. Das öffentliche Interesse war riesengroß, und das Staatsfernsehen hat die Spiele mehr als 20 Stunden live übertragen. Auch die verschiedenen Printmedien Kambodschas berichteten täglich über das Standvolleyball-Event des Jahres, oft über ganze Seiten, darunter waren viele englischsprachige Zeitungen. Das Finale hatte in Kambodscha zudem die höchste Einschaltquote, die es je für eine Sportveranstaltung ohne kambodschanische Beteiligung gab. Bei fast allen Spielen waren, insbesondere beim Finale und den Spielen der kambodschanischen Nationalmannschaft, jeweils mehr als 4000 Volleyballbegeisterte dabei. Von politischer Seite aus gab es ebenfalls ein hohes Interesse – die gesamte Prominenz war bei der Eröffnungsfeier und beim Finale anwesend.

„Dieses Turnier werden wir so schnell nicht vergessen“, sind sich die deutschen Standvolleyballer einig. Sie sind nicht nur mit einer Goldmedaille heimgekehrt, sondern auch mit vielen Erinnerungen. Papageorgiou spricht für seine Jungs: „Es war ein tolles Erlebnis. Die Menschen sind so freundlich, lächeln immerzu und natürlich haben sie ihr Team, die Kambodschaner, lauthals angefeuert. Dabei waren sie immer fair.“ Der Bundestrainer muss schmunzeln, wenn er daran denkt, ins was für einem Hexenkessel sie gespielt haben. „Ich habe meinen Spielern in den Auszeiten ein paar Mal gesagt, sie sollen sich auf dem Feld verständigen. Das war aufgrund des Lärms in der Halle aber gar nicht möglich.“

Einige Spieler müssen schon fast lachen bei dem Gedanken an die Zeit nach dem Finale. Ein Elefantenführer in Phnom Penh, buddhistische Mönche in ihren safrangelben Kutten oder ein Gemüseverkäufer auf dem Markt riefen beim Anblick der frisch gebackenen Weltcup-Sieger immer wieder „Germany, Germany!“ und holten mit dem Arm zu einem imaginären Angriffsschlag aus. Diese Begeisterung erscheint hier fremd, doch ist bei alledem auch die Geschichte Kambodschas zu bedenken. Es ist eines der am stärksten verminten Länder der Welt und auch heute noch verletzen sich Kinder und Erwachsenen an Minen, vor allem in weit abgelegenen Gebieten. Menschen, denen ein Arm oder ein Bein fehlt, sieht man daher tagtäglich. Vor einigen Jahren noch wurden Behinderte geächtet und versteckt, da sie nach buddhistischer Auffassung ein schlechtes „Karma“, in ihrem vorherigen Leben also Böses vollbracht hatten. Mittlerweile hat sich diese Einstellung geändert und die kambodschanischen Standvolleyballer sind in ihrem Land kleine Stars. Papageorgiou: „Auch eine Sportart wie Volleyball hat zur Verständigung der ehemals verfeindeten Bevölkerungsgruppen beigetragen. Früher haben sie sich gegenseitig bekämpft, heute spielen sie in einem Team. Kambodscha ist eines der wenigen Länder, in denen es eine eigenständige Behinderten-Volleyballliga gibt. Die Spieler sind hoch angesehen und werden entsprechend unterstützt.“

Ohne finanzielle Unterstützung geht’s nicht

Für die auswärtigen Sportler waren die Bedingungen in Kambodscha einmalig. Die Gastgeber haben nicht nur das ganze Drumherum organisiert, sondern verzichteten auch auf das sonst übliche Antrittsgeld der Mannschaften. „Wir sind unseren Gastgebern sehr dankbar für diese Großzügigkeit. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Kambodscha unterstützt Deutschland – wer hätte das einmal gedacht“, schüttelt der Bundestrainer den Kopf. Den heimischen Standvolleyballern wurden vom Deutschen Behindertensportverband (DBS) nämlich vor ein paar Jahren die finanziellen Mittel gestrichen, und zwar komplett. „Da Standing Volleyball keine paralympische Disziplin mehr ist, es wurde 2000 in Sydney aus sportpolitischen Gründen aus dem Programm genommen, gibt es auch keine Förderung mehr – so die Argumente des DBS. Mit den fehlenden staatlichen Zuschüssen haben allerdings nicht nur wir zu kämpfen, sondern auch die Teams der anderen Nationen, Kambodscha ausgenommen.“ Die Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten ist daher über ihren Hauptsponsor, die DianaKlinik in Bad Bevensen, mehr als glücklich. Dirk Ludemann, der dortige Geschäftsführer: „Die Jungs zeigen Höchstleistungen, und zwar trotz oder vielleicht gerade wegen ihres Handicaps. Und das beeindruckt mich immer wieder. Wir sehen in unserer Klinik tagtäglich, wie wichtig Wille und ‚Kampfgeist’ bei der Therapie eines beispielsweise frisch Amputierten sind. Und genau das verkörpern die Standvolleyballer mit ihrem Sport.“ Neben der DianaKlinik AG Bad Bevensen bedanken sich die deutschen Standvolleyballer bei ihrem Ausrüster Asics und bei der Software-Firma FlowFact.

Text + Foto: Deutsche Volleyball-Nationalmannschaft der Behinderten

Es gibt einige Artikel hier, die bestimmt weit weg sind von den ganz großen Sportmomenten der Geschichte. Wobei, wer bestimmt, was ein "großer" oder "wichtiger" Moment ist? Die öffentliche Wahrnehmung? Bestimmt. Doch auch das persönliche Empfinden und die eigene Gewichtung spielen eine große Rolle. Durch die Zusammenarbeit der alten Sporthelden-Seite mit Traditionsmannschaften, Einzelsportlern oder Eventreihen, möchte ich diesen Momenten auch hier in diesem kleinen Sportmuseum einen Platz geben. Persönliche Erinnerungen, die es zu wahren lohnt 😉